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Risiken und Neben­wirkungen Was ihr in der Hand habt und was nicht

In den bisherigen Kapiteln ging es um die positive Wirkung, die euer Projekt für die Gesellschaft erzielen will, und um einen tragfähigen Plan, dahin zu gelangen. Im Blick zurück auf die Startphase wird sich euer Projekt deutlich anders präsentieren, als ihr es auf dem Reißbrett entworfen habt. Daran können alle Planungstools nichts ändern: Unerwartete Entwicklungen sind an der Tagesordnung, besonders bei Pionierprojekten.  Der Faktor Zufall: Im besten Fall begegnet er euch in Form von glücklichen Fügungen, die euch unerwartet Türen öffnen und neue Perspektiven aufzeigen.  Dazu kommt, dass euer Projekt vielleicht auch ungewollte Nebenwirkungen hat. Nicht selten treten durch ein Pionierprojekt auch unbeabsich­tigte Folgen auf, die das Bild gehörig durcheinanderbringen, wenn nicht sogar umkehren. 

Beispiel VillageOffice

Wie hat der Zufall bei VillageOffice mitgespielt? Oft und in beide Richtungen, sagen die Gründer*innen Jenny und Dave. 

Positiv

•  Durch einen eher zufälligen Test hat VillageOffice die Zielgruppe der Gemeinden entdeckt. 

•  Als das neue Geschäftsmodell sich abzeichnete, war mit Remo, dem Lobbyisten, das perfekte Zugpferd bereits im Team.

• Die Corona-Krise hat die Akzeptanz von «New Work» stärker beflügelt als alles Lobbying zuvor.

Negativ

•  Die Swisscom war die Ausnahme unter den Arbeitgeber*innen, wodurch sich der Zielgruppen-Check an diesem Punkt als nicht tragfähig erwies.

•  Die Corona-Krise reißt ein riesiges Loch in die Kasse.

0-auf-100-Moment

Wenn der ­Zufall euch eine Tür öffnet – und ihr dankbar hindurchtretet.

SOO geht's

Sich über die beabsichtigte Wirkung gründlich Gedanken zu machen, entscheidet mit über den Projekterfolg. 

Aber aufgepasst: Ist die Wirkung eingetreten, bedeutet das noch nicht, dass sie auch zwingend auf eure Angebote zurückzuführen ist. Wirkung entsteht immer erst durch das Zusammenspiel einer Vielzahl von Faktoren und Initia­tiven. Zudem spielt, wie schon gesagt, der Zufall eine wichtige Rolle.

Das bedeutet: Nicht jeder Erfolg, den ihr feiert, ist selbst gemacht. Auch wenn ihr nach bestem Wissen und Können dazu beigetragen habt. 

Das Wissen um die Grenzen der Planbarkeit hindert uns allerdings nicht daran, euch und uns selber noch zwei weitere Tipps zu geben; denn vielleicht sind manche Risiken und Nebenwirkungen ja doch voraussehbar? 

SCOT-Analyse

Die SCOT-Analyse ist eine Variation der bekannten SWOT-Analyse, die Stärken, Schwächen, Chancen und Risiken eines Unternehmens beschreibt. Die SCOT-Analyse dreht den Spieß um: Ihr blickt nicht aus der Binnensicht des Projekts auf Chancen und Risiken der Welt da draußen. Stattdessen nehmt ihr die Perspektive der Gesellschaft ein, die emotionslos auf das Projekt schaut und sich fragt:

1. Sind Geschäftsmodell und Team nachhaltig genug aufgestellt, um tatsächlich Wirkung zu erzielen (Sustainability)? 

2. Welche alternativen Lösungsansätze gibt es für das Problem (Competition)? 

3. Hat die Gesellschaft etwas davon, selbst wenn das Projekt als Organisation scheitert (Opportunities)? 

4. Gehen von dem Projekt mögliche Gefahren aus, die das Team vielleicht gar nicht auf dem Schirm hat (Threats)?

Advocatus Diaboli

Bei diesem Verfahren versetzt ihr euch in die Rolle einer Person, die dem Projekt gegenüber skeptisch oder sogar feindlich eingestellt ist. Dabei fragt ihr bei jedem Glied der Wirkungskette, welche unerwünschten Auswirkungen davon ausgehen könnten. 

Kniff

Denkt euch das schlimmste Szenario zu eurem Projekt aus.

Die Pre-Mortem-Analyse, zu Deutsch: Vor-dem-Tod- Analyse, ist ein erkenntnisreiches Rollenspiel für das Team. Sie bedient sich der einfachen psychologischen Tatsache, dass unser Gehirn auch darauf ausgelegt ist, Risiken vorherzusehen, um so unser Überleben zu sichern. Wenn unser Projekt scheitern sollte, woran würde das liegen? Indem wir bewusst diese Perspek­tive einnehmen, gelingt es uns, ein besseres Bild möglicher Hindernisse und Risiken zu erhalten.

Innerer Kompass:

Nicht jeder Erfolg ist selbstgemacht, nicht jedes Scheitern selbst verschuldet. Diese Übung zeigt euch: Was zählt ist, was ihr daraus machst.